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Konkret nachgefragt – Special

Intelligente Kupplungen und Bremsen der Zukunft

08.03.2024
von Redaktion ANTRIEBSTECHNIK

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antriebstechnik 03/24 - Special: Kupplungen und Bremsen

Um einen Einblick in aktuelle Trends bei Kupplungen und Bremsen zu erhalten, hat die antriebstechnik Experten aus Wissenschaft und Industrie befragt. Online und in Ausgabe 03/2024 geht es um Innovations­möglichkeiten bei der intelligenten Überwachung und Steuerung und vor allem darum, wie die Daten immer raffinierterer Sensoren in Wert gesetzt werden können.

In kompakter Form sind die Statements im E-Paper der antriebstechik 03/2024, Seite 40 f. veröffentlicht worden:

Wer mehr darüber erfahren möchte, wie die Experten Technologietrends und Potentiale bei Bremsen und Kupplungen einschätzen, kann die ausführlichen Statements hier nun auch online lesen.

Zu dem Special haben folgende Experten Statements beigetragen: Prof. Dr.-Ing. Balázs Magyar, Lehrstuhl für Konstruktions- und Antriebstechnik / Fakultät für Maschinenbau der Universität Paderborn, Sascha Markert, Team Leader Research & Development, R+W Antriebselemente GmbH, Andreas Merz, Produktmanager bei Mayr Antriebstechnik, und Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl, Ordinarius der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebesysteme (FZG) der Technischen Universität München (TUM).

Prof. Dr.-Ing. Balázs Magyar

Lehrstuhl für Konstruktions- und Antriebstechnik / Fakultät für Maschinenbau der Universität Paderborn

Prof. Dr.-Ing. Balázs Magyar

Prof. Dr.-Ing. Balázs Magyar

„Ein Trend in der Antriebstechnik ist die Erhöhung der Leistungsdichte durch eine Erhöhung der Antriebsdrehzahl. Klassische Federkraftbremsen werden nur für Gleitgeschwindigkeiten bis zu 35 m/s angeboten. Um weiterhin klassische Federkraftbremsen bei schnelldrehenden Antrieben einzusetzen, muss die Forschung hierfür passende Grundlagen liefern.

Am KAt durchgeführte Versuche zeigen, dass bei begrenzten Reibarbeiten die herkömmliche Federkraftbremse bei höheren Gleitgeschwindigkeiten das vom Hersteller spezifizierte Nennbremsmoment durchaus erreicht. Eine Hebung des dort schlummernden Potentials kann die Leistungsdichte erhöhen und den Ressourceneinsatz senken. Vor dem Hintergrund des Product Carbon Footprint muss dieser nicht nur bei der Herstellung, sondern auch beim Betrieb der Bremsen durch eine höhere Energieeffizienz gesenkt werden. Das KAt forscht hier ebenfalls an Lösungen zu innovativen Aktorkonzepten und kleinen Luftspalten, um den Ruhestrom höchstmöglich zu senken, wobei das Fail-Safe-Verhalten weiterhin durch das Ruhestromprinzip der Federkraftbremse erhalten wird.

Intelligente Bremsen der Zukunft: Weg vom Dienst nach Vorschrift hin zur Selbstüberwachung und Prozessteuerung

Mit In-situ-Messungen, zum Beispiel im Reibbelag, die in einen digitalen Zwilling beim Hersteller fließen, kann ein nie da gewesenes Systemverständnis aufgebaut werden. In Kombination mit einer Predictive-Maintenance-Strategie kann der oft vorsorgliche Austausch von Verschleißteilen auf ein Minimum reduziert und Ausfälle oder Stillstandzeiten verhindert werden.

Mehrere vernetzte Betriebsbremsen an einer gemeinsamen Achse könnten dann über ein Industrial Internet of Things miteinander kommunizieren, um abzustimmen, welche Bremse wann wie viel Bremsmoment bereitstellt. Das Austauschen verglaster Reibbeläge wird mit dieser Lösung Geschichte, denn diese Konnektivität kann, verknüpft mit Zustandsmodellen der Bremse, gezielt zum Erhalt der reibaktiven Schicht beitragen, ohne dass der Maschinenhersteller dafür aufwändig in einer zentralen Steuerung Code programmieren muss.

Einige Trends bei Fahrzeug­bremsen müssen noch auf Industriebremsen übertragen werden

Die ausländische Konkurrenz punktet vor allem mit niedrigen Kosten; innovative Produkte mit einem Mehrwert müssen daher im Fokus der heimischen Bremsenhersteller sein. Brake-by-Wire ist schon lange für Industriebremsen etabliert. Andere, bei Fahrzeugbremsen zu beobachtenden Trends, müssen aber auf Industriebremsen noch übertragen werden.

Getrieben durch die EURO-7-Grenzwerte für Fahrzeuge entwickelt sich ein starkes Bewusstsein für Partikelemissionen von Bremsen, da diese auch ein Gesundheitsrisiko bergen. Am Markt sind bereits aktive und passive Bremsstaubpartikelfilter sowie Hartmetallbeschichtungen und verschleißfeste Reibbeläge zu finden. Es wurde sogar eine nasslaufende Bremse an einem Versuchsfahrzeug als Lösung vorgestellt. Daher ist es umso wichtiger, dass die Forschung sich nicht nur mit der Charakterisierung und Messung der Bremspartikel beschäftigt, sondern die am Markt vorhandenen Lösungen auf Industriebremsen überträgt, um auch hier das Gesundheitsrisiko durch Bremsstäube weiter zu senken.“

 

Sascha Markert

Team Leader Research & Development, R+W Antriebselemente GmbH

Sascha Markert

Sascha Markert

Betriebsdaten unterstützen die Produkt­entwicklung

„Die Überwachung und Steuerung von Kupplungen kann durch Integration von Sensor- und Kommunikationstechnologie optimiert werden. Die so gewonnenen Daten tragen nicht nur zu einer verbesserten Betriebseffizienz und einer Verlängerung der Lebensdauer der Maschinen bei, sondern ermöglichen auch die Durchführung prädiktiver Wartungsmaßnahmen. Im Bereich der prädiktiven Wartung lassen sich mit den gesammelten Daten Algorithmen trainieren, um entsprechende Abschätzungen zu treffen. Natürlich können die Daten auch mit Algorithmen genutzt werden, die sich schon seit Jahrzehnten bewährt haben.

Aus den Daten von smarten Kupplungen lassen sich zahlreiche wertvolle Informationen extrahieren, darunter zustandsbasierte Informationen (Vibrationen), Betriebsdaten (Lastprofile) und Informationen über Umweltbedingungen (wie Temperaturschwankungen). Diese Informationen helfen unter anderem auch dabei, die Produktentwicklung durch realitätsnahe Rückmeldungen aus dem Betrieb voranzutreiben.“

 

Andreas Merz

Produktmanager bei Mayr Antriebstechnik in Mauerstetten

Andreas Merz

Andreas Merz

Daten helfen bei Aufbau und Validierung vom digitalen Zwilling

„Für Intelligentes Monitoring ist unser nachrüstbares Modul Roba-brake-checker, ein sehr gutes Beispiel. Das Modul erkennt durch eine erweiterte Analyse von Strom und Spannung die Bewegung der Ankerscheibe und weiß, in welchem Zustand sich die Bremse befindet. Der Roba-brake-checker leistet neben der Überwachung von Schaltzustand und kritischer Spulentemperatur auch eine präventive Funktionsüberwachung auf Verschleiß, Funktionsreserve und Fehler. Über eine Schnittstelle kann das Modul Daten zu einer Reihe wichtiger Parameter liefern. Dies unterstützt die vorausschauende Wartung und senkt Instandhaltungskosten.

Darüber hinaus können solche Daten helfen, einen digitalen Zwilling aufzubauen und zu validieren. Es gibt auch smarte, sprechende Wellenkupplungen wie den Roba-drive-checker, der zur Prozessüberwachung eingesetzt werden kann und so den Antriebsstrang fit macht für Industrie 4.0.“

 

Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl

Ordinarius der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebesysteme (FZG) der Technischen Universität München (TUM)

Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl

Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl

„Bremsen und Kupplungen sind im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Automatisierungstechnik zentrale Maschinenelemente, die entscheidend zur Sicherheit und zur Leistungssteigerung der Systeme beitragen. An der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebesysteme (FZG) forschen wir seit Jahrzehnten an innovativen Kupplungs- und Brems-Systemen. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie ist dabei Schlüssel zu wegweisenden Innovationen in der Antriebstechnik.

Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie ist Schlüssel zu wegweisenden Innovationen

Nass- und trockenlaufende Brems- und Kupplungs-Systeme verhalten sich grundlegend unterschiedlich. Der bei nasslaufenden Bremsen genutzte Schmierstoff reduziert infolge des kühleren Betriebs Verschleiß deutlich und verhindert Partikel- oder Feinstaub-Emissionen. Zusammen mit der höheren Leistungsdichte sind nasslaufende Bremssysteme eine attraktive Alternative für bestehende trockenlaufende Bremssysteme. Allerdings ist das Betriebsverhalten nasslaufender Bremssysteme komplexer als bei trockenen Bremsen.

Seit mehr als vier Jahrzehnten treibt die Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) Innovationen im Bereich der Brems- und Kupplungssysteme voran. Der Einsatz von experimentellen und zunehmend simulativen Methoden in der Forschung hat wichtige Erkenntnisse in den Bereichen Testmethodik, thermisches Verhalten, Reibungsverhalten sowie Schädigungsanalysen erbracht. Online-Simulationen vertiefen das Verständnis des thermischen Verhaltens von Bremsen und Kupplungen und bilden eine wesentliche Grundlage für Condition-Monitoring-Systeme.

Ein aktueller Forschungstrend ist die Nutzung von Beobachtermodellen. Diese ermöglichen es, Realdaten kostengünstig und effizient zu sammeln. Diese Daten bilden die Basis für präzisere Auslegungen und Berechnungen und ertüchtigen Predictive-Maintenance-Strategien. Darüber hinaus eröffnen elektromechanische Aktuierungssysteme und kontinuierliche Verbesserungen bei Schmierstoffen und Reibbelägen neue Optimierungspotenziale. Diese Potenziale versprechen eine weitere Steigerung der Leistungsdichte und somit eine effizientere Nutzung der Systeme.

In den nächsten Jahren erwarten wir bedeutende Fortschritte in der Bremsentechnologie

Die intelligente Überwachung und Steuerung von Bremsen eröffnen große Möglichkeiten in der „Industrial Datasphere“. Smarte Bremssysteme liefern Daten, die für innovative Dienste und Services genutzt werden können. Sie ermöglichen es, Wartungsanforderungen vorauszusagen und die Effizienz von Anlagen zu erhöhen. Aus den gewonnenen Daten können wichtige Erkenntnisse gezogen werden, die zur Optimierung der Betriebsabläufe und zur Erhöhung der Anlagensicherheit beitragen werden.

In den nächsten Jahren erwarten wir bedeutende Fortschritte in der Bremsentechnologie. Diese werden durch die Integration von IoT-Technologien, künstlicher Intelligenz und den neuesten Erkenntnissen aus den Materialwissenschaften vorangetrieben. Diese Entwicklungen werden eine zunehmend intelligente Überwachung und Steuerung von Bremssystemen ermöglichen und haben das Potenzial, die Sicherheit und Effizienz in der Automatisierung und im Maschinenbau kontinuierlich zu verbessern.“

Quellen: Balázs Magyar, Universität Paderborn; Sascha Markert, R+W Antriebselemente; Andreas Merz, Mayr Antriebstechnik; Karsten Stahl, Technischen Universität München (TUM)

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